Zum Zmittag nach Sizilien
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Video und Fotos: Lukas Herrmann
Vom 23. – 30. September besuchte eine 35-köpfige Reisegruppe ihren ehemaligen Dirigenten, Giancarlo Bruno, in seiner Heimat auf Sizilien. Ein gelungener Mix aus Ferien und Konzerttournee mit Musikliebhabern im Alter zwischen 10 und 64 Jahren.
Zu seinem Abschied als Dirigent im Sommer 2022 hatte der gebürtige Sizilianer - wohl mehr zum Scherz - all seinen Bandmitgliedern eine persönliche Einladung zum Essen bei sich zu Hause überreicht, und damit den Keim für die anderthalbjährige Planung einer Konzerttour gesät.
Waldbrände und Regengüsse
Mit südländischer Beamtenruhe wird in den eineinhalb Stunden nach der Landung in Palermo ein Mietwagen nach dem anderen am Schalter registriert - vor dem neunten und letzten mit der schelmischen Frage, ob denn in der Schweiz gerade alle ausgereist seien und hier ein Auto mieten wollten. Erst auf der Fahrt zum Hotel - vorbei an qualmenden Büschen auf dem Mittelstreifen der Autobahn - wird klar, dass das für die nächsten Tage angesagte Regenwetter zwar die Urlaubsstimmung etwas trübt, für die Region aber dringend nötig ist und zur Eindämmung der Waldbrände herbeigesehnt wird. Die Wettervorhersage für das Open-Air-Konzert am Sonntagabend im 900 Meter hoch gelegenen Bergdorf Mistretta ist alles andere als sommerlich: 11 Grad Celsius, Wind und heftige Regenschauer. Spontaneität ist gefragt, Details werden im Gruppenchat geklärt: «Das isch der richtig Standort! Isch im Momänt arschchaut!» «Hallo zäme! Wir spielen im Kino! Beim grossen Dorfplatz Richtung Nicosia. Etwa 4 min zu Fuss» «Bitte um genauere Adresse». Während die ersten das Dorfkino in einen Konzertsaal verwandeln, sind andere immer noch auf den verwitterten Passtrassen unterwegs auf der Suche nach dem Zielort. Die Flügelhornistin schreibt aus dem Auto: «Vilech si mir de ou derbi am Konzärt». Antwort Solohorn: « Äs wird ou witer obe nid besser, müesst cherä. Mir heis dert düre ou probiert».
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Video: Sarah Herrmann
Attraktives Konzertprogramm
Das Cineteatro Falcone Borsellino ist zwar spärlich besetzt. Doch der Applaus am Schluss ist nicht zu bremsen. Auch als die Band nach dem Schweizerpsalm und dem Unterhaltungsstück «Doz Cervezas» von Tom Waes als Zugaben die Bühne verlässt und an leuchtenden Augen und begeisterten Gesichtern vorbei ins Foyer marschiert, ist noch nicht Schluss. Für zwei weitere Zugaben kehren die Musiker auf die Bühne zurück. Für Hühnerhaut und Swissness sorgte bereits im Vorprogramm das Alphorntrio. Nach der Inno Nationale von Michele Novaro und der populären Filmmusik The A Team von Carpenter Post stehen Leckerbissen mit Schweizer Tradition auf dem Programm: Swiss Ländler, Solothurner Marsch, Swissboy und «Menzeberg», wie Mario Bürkis Traditionsmarsch vom italienischen Moderator mit südländischem Charme umbenannt wird. Viel Applaus gibt es auch für die eingängigen Pop-Arrangements: Bette Midlers The Rose und Hallelujah von Pentatonix. Auch das Flügelhorn-Solo Under the Boardwalk und das Heilsarmee-Traditional Daniel gehören zum unterhaltsamen Repertoire.
Ihr müsst schneller fahren!
Reiseführer Giancarlo nimmt die Gruppe mit auf die 160 Kilometer lange Fahrt quer über die Insel nach Agrigento ins Valle Dei Templi, wo Zeugen antiker griechischer Städte und Tempel zu bestaunen sind. Unterwegs halten sich die Schweizer Touristen im Rhythmus der schwingenden Autobahnbrückenelemente gehorsam an das Tempolimit. Der sonst so ruhige Einheimische meldet sich prompt im Chat: «Ihr seid zu langsam, so kommen wir nie an, 20-30 über dem Limit müsst ihr fahren, das wird nicht kontrolliert». Zwei Tage später wagt sich eine Gruppe Junggebliebener an die Besteigung des Äthna. Teilweise auf allen vieren überwinden sie die Strecke von der Bergstation bis auf knapp 3000 Meter über Meer und werden mit beeindruckender Aussicht in rauchende Vulkankrater für ihre Mühen belohnt. Noch Mitte August hatte der höchste und aktivste Vulkan Europas Lavafontänen und Ascheregen bis nach Catania ausgestossen.
Castelbuono: Freiluftkonzert auf der Piazza
Mitte der Woche kehren die sommerlichen Temperaturen zurück. So kann das zweite Konzert wie geplant auf der zentralen Piazza Margherita inmitten des malerischen Bergstädtchens Castelbuono über die Bühne gehen. Organisiert werden die Veranstaltungen von der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde, die die Band bestens betreut und vor dem Konzert in ihren Räumen auch kulinarisch mit Pizza und allen erdenklichen Beilagen verwöhnt. Umringt von widerhallenden Gemäuern der wunderschönen historischen Altstadt, neben dem malerischen Dorfbrunnen mitten auf der belebten Piazza, Touristen in Urlaubsstimmung und Einheimische bei einem Glas Merlot im Hauseingang als Publikum, bei sommerlich warmen Temperaturen: schöner kann ein Ambiente für ein Open-Air-Konzert nicht sein und so wird die Veranstaltung für alle zu einem emotionalen Höhepunkt der Reise. Während die meisten Musikerinnen und Musiker den Abend bei Moretti und Gelati ausklingen lassen, lenkt Schlagzeuger Hansueli mit Engelsgeduld und höchster Präzision seinen Materialvan im Schritttempo und mit eingeklappten Spiegeln durch die enge, 200 Meter lange Sackgasse, die vor zwei Stunden bei Tageslicht und im Vorwärtsgang noch viel breiter erschien.
Reisegeschichten und Erinnerungen
Es bleibt der dankbare und zufriedene Rückblick auf eine erlebnisreiche Woche mit vielen Geschichten: Von den ersten Erfahrungen, die so mancher mit Meerestieren und -früchten auf dem Teller machte, bis hin zu den unbeholfenen Versuchen, diese nach allen Regeln der Kunst zu verzehren. Vom Padre, der nach einem der Konzerte, auf der Suche nach einem geeigneten Schwiegersohn, mit seiner Tochter am Arm die Junggesellen aus der Band ausfindig zu machen versucht. Von der 5 Meter langen Bratwurst, dem 50 Liter Pasta Kochtopf und der abenteuerlichen Hauszufahrt beim Gastgeberehepaar. Von den Überlandfahrten im Konvoi, im Schlepptau von Euphonist Marco und den Jungen Wilden, die im Fiat Cinquecento X täglich die Stossdämpfer auf den Schlaglöchern der Bergstrassen bis zum Anschlag strapazieren. Vom Singen des «Buurebüebli» und anderen Heimatliedern im Restaurant, das jeweils eine Runde Limoncello aufs Haus eingebracht hat. Von den LANDI-Strohhüten, die alle als Erkennungszeichen tragen und die beim dritten und letzten Konzert vor dem Hotel in Tusa zum Publikumsrenner werden. Vom herrenlosen B-Bass am Flughafen in Palermo, umringt von drei Carabinieri, die sich kurz vor Auslösung des Bombenalarms von Bassist Oliver erklären lassen, dass der grosse braune Koffer wirklich nur harmloses Blech enthält.
Es bleibt grosse Dankbarkeit für eine unfallfreie Reise und viele wertvolle Begegnungen. Belebend und prägend für Jung und Alt war auch das, was gerade in Musikvereinen oft charakteristisch ist: das gemeinsame Unterwegssein mehrerer Generationen.
Ein paar neue Ausdrücke sind auch hängen geblieben: Flügelhornistin Manuela wird dank der stets treffenden Wetterprognosen wohl vorerst «Frau Bucheli» bleiben, der Musikergruss lautet statt «hallo zäme» einfach «Salve!» und Bandleader Philipp signiert seine Rundmails seit der Reise genüsslich mit: «Il Direttore».
Danke "Res" Andreas Krähenbühl, als "Rennleiter" sind die Fäden bei dir zusammengelaufen und du hast alle "Wollknäuel" die es zu lösen galt, souverän entknotet.
Danke Anita Krähenbühl, in den Vorbereitungen rechte (und manchmal zusätzlich auch noch linke?) Hand von Res. Workerin und Organisatorin im Hintergrund.
Danke Urs Christen, Programmchef und auch durch Unvorhergesehenes nie aus der Ruhe zu bringen.